[Fanfiction] Akopalypse nun

Zwei, drei Sekunden vergingen, in denen Nils zögerte. Im nächsten Moment jedoch machte sich Erleichterung, Hoffnung in ihm breit. Simon war wieder aufgetaucht und diesmal sogar näher am Boot. Schnell rief Nils erneut dessen Namen, um ihm dann den Rettungsreifen zuzuwerfen. Das Boot bewegte sich noch einige Meter, bis es inmitten des breiten Flusses anhielt. Simon, der sich krampfhaft am Ring festgehalten hatte, gelang es nun, sich das luftgefüllte Objekt umzulegen. Zu mehr hatte er jedoch keinerlei Kraft mehr. Sein Bein schmerzte zwar nicht mehr allzu sehr, jedoch fühlte es sich kalt an, wie ein Fremdkörper, den ihm jemand statt seines echten Unterschenkels angeschraubt hatte. Die Kälte kroch von seiner Wade hoch in seinen restlichen Körper und so langsam machte er sich Sorgen, dass er sich ernsthaft verletzt haben könnte – vielleicht sogar tödlich. Ein Ruck lenkte ihn von diesem deprimierenden Gedanken ab. Sein Blick fiel auf Nils, der an der Reling des Hausboots stand und mit aller Kraft an dem Seil zog, das sie beide verband. Seine letzte Kraft zusammen kratzend versuchte Simon einige Paddelbewegungen mit Beinen und Armen, die ihn zusammen mit Nils Anstrengungen immer näher an das Boot heran brachten. Das nächste, was Simon wahrnahm, war, dass sein Körper hart gegen die Außenwand des Boots prallte und er einige Sekunden später Moment hochgezogen wurde. Keuchend gelang es seinen drei Freunden, ihn gemeinsam wieder an Bord zu hieven. Budi warf einen Blick auf seinen triefnassen Freund, den sie soeben an Bord des kleinen Bootes geschafft hatten. Er bot einen erbärmlichen Anblick. „Fuck.“, kam es Eddy über die Lippen. Nils und er tauschten einen kurzen bedeutungsschwangeren Blick, der von Sorge gezeichnet war, aber auch eine Warnung enthielt. Simons rechtes Hosenbein lag vollkommen in Fetzen, welche blutdurchtränkt und somit kaum noch als Jeansstoff zu identifizieren waren. Simon war blass, zitterte und schien kaum noch bei Bewusstsein. Budi beugte sich zu Simon herunter. „Krätsche? Alles klar, Mann?“ Simon nickte schwach. „Kannst du aufstehen?“ Die Antwort auf diese Frage konnte sich Budi natürlich eigentlich auch selbst geben, aber wollte seinen Freund bei Bewusstsein halten, indem er mit ihm redete. „Das war echt mal wieder so klar, dass du denkst, du kannst es mit ner Handvoll von denen alleine aufnehmen ne? Das ist echt so schlecht.“, sagte er in einem tapferen Versuch, aufmunternd zu scherzen. Sein Lachen, das ihm sonst so natürlich über die Lippen kam, klang halbherzig und hohl. Sein Blick suchte den von Nils, der ihn im nächsten Moment dabei unterstütze, Simon aufzuhelfen. Budi nickte dankbar, als Nils die Taktik durchschaute und mit einstieg. „Wir ha’m immer gewusst, dass du zu totaler Selbstüberschätzung neigst, aber…“ „Ich lebe noch – oder nicht?“, gab Simon schwach lächelnd zurück. „Jaja, du warst ein echter Held – und lass uns mal schön in die Kabine humpeln und nach deinem Bein sehen.“ „Eddy, kannst du…?, setzte Budi an, aber dieser nickte bereits verstehend und machte sich auf die Suche nach dem Erste-Hilfe-Kasten, den es doch sicherlich auf jedem Boot geben musste. Simon ließ die Versorgung seiner Wunde still über sich ergehen, während er die Bilder der letzten halben Stunde wieder und wieder vor seinem inneren Auge abspulte und dabei zu dem eindeutigen Ergebnis kam: Zombies. ‚Echte fucking nochmal Zombies.‘ Halbherzig hörte er den schlechten Sprüchen seiner Kollegen zu, die ihn halb aufmunterten, halb mobbten. Als der zuvor stechende Schmerz in seinem Unterschenkel leicht abebbte und einem unangenehmen, aber erträglichen Pochen Platz machte, bat er sie, ihn einen Moment in Ruhe zu lassen, damit er sich waschen und etwas ausruhen konnte, und sie folgten seiner Bitte – alle, bis auf Nils. Simon wunderte sich kurz, begann jedoch sich auszuziehen und ärgerte sich dann als Nils schweigend im Raum stehen blieb und ihn unentwegt anstarrte. „Was soll das werden, Nils?“, fragte Simon. Sein Gegenüber blieb stumm und Simon biss sich erneut auf die Zähne, um nicht zu zeigen, wie schmerzhaft es für ihn war, einigermaßen aufrecht zu stehen und sich zu entkleiden. Wäre er allein gewesen, hätte er sich dem Schmerz laut fluchend und vielleicht ein bisschen wimmernd hingegeben, aber das würde er sicherlich nicht vor Nils tun. Als er seine Hose öffnete und diese zu Boden sinken lassen wollte, schaute er den Dunkelblonden, der beharrlich auf seiner Position blieb, dessen Blick nun aber unsicher, fast schon ängstlich wirkte, herausfordernd an. Simon konnte eindeutig sehen, wie angespannt Nils wirkte und in dem Moment verstand er, warum der andere geblieben war. Angst breitete sich auch in ihm aus. Nils bemerkte den Stimmungsumschwung in Simon und konnte doch nichts anderes tun als einfach nur da zu stehen und abzuwarten. Er war sich sicher, dass sich nun beide Männer dieselbe Frage stellten - die Frage, deren Antwort Erleichterung oder mehr als nur eine Menge unangenehmer Fragen mit sich bringen würde. ‚War er gebissen?‘ Unausgesprochen hing sie im Raum wie das sprichwörtliche Damokles-Schwert. Simon beschloss, es schnell hinter sich zu bringen und zog die Hose etwas herunter, bevor er sie gänzlich fallen ließ. Nils Blick und der seine trafen sich kurz, bevor Simon seine Augen schloss und Nils die seinen suchend über Simons nahezu nackten Körper wandern ließen. Schmutz, Dreck, einige Schürfwunden waren zu sehen, aber ansonsten schien Simons behaarter Körper unversehrt – abgesehen von dem fachmännisch verbundenen Unterschenkel natürlich. Nils trat einen Schritt auf Simon zu, der offensichtlich zu angespannt war, um dessen direkte Reaktion sehen zu wollen, und legte ihm beruhigend seine Hand auf die Schulter. Der dunkelhaarige bemerkte die ermutigende Geste seines Freundes und atmete noch einmal tief ein und aus, bevor er allen Mut zusammen nahm und die Augen öffnete, um sein Urteil in den blauen Augen des anderen Mannes abzulesen. Nils wartete darauf, dass Simon ihn ansah und lächelte ihm zu – legte all seine Erleichterung und alle Ermutigung, die er mit Worten nicht formulieren konnte, in diesen Blick und hoffte inständig, dass der Andere dies verstehen würde. Einige Sekunden dauerte der Blickwechsel, bis Simon nickte und ein Lächeln sich auf das bleiche Gesicht des Verletzten schlich, als die Erleichterung auch ihn durchströmte. Langsam beruhigte sich sein Pulsschlag und seine Atmung, die er offenbar unbewusst eingestellt hatte, normalisierte sich. Nils trat einen Schritt zurück und ließ seine Hand sinken. Während Simon sich umständlich aus den auf dem Boden liegenden Hosenresten befreite, haderte Nils in seinem Kopf mit der absolut absurden Situation, in der er sich gerade befunden hatte. Die Worte ‚gebissen‘, ‚Zombies‘, ‚infiziert‘ hallten wie ein lautes Echo in seinem Inneren nach. Unzufrieden suchte er nach einer logischen Erklärung für das, was sie soeben in diesem Dorf erlebt hatten. Theorien entstanden in seinem Kopf – eine komplexer und abgefahrener als die andere – aber keine schien logische, rationale Erklärungen für das zu liefern, was er beobachtet hatte. Menschen, die sich… Als Simon auch sein letztes Kleidungsstück ablegen wollte und Nils immer noch starrend im Raum stand, lenkte er mit den Worten „Dein Ernst?“ dessen Aufmerksamkeit auf sich. Nils schreckte aus seinen Gedanken hoch und sah, dass Simon im Begriff war, sich komplett auszuziehen. Das war eindeutig sein Zeichen, zu gehen. Trotzdem zögerte er kurz. „Du… ähm… kommst klar?“ Simon lachte schwach. „Keine Sorge. Ist nicht das erste Mal, dass ich mich selbst nackt sehe.“ Ein Lächeln stahl sich unfreiwillig auf Nils Lippen, als er sich umdrehte und den Raum verließ. „Wenn du in 15 Minuten nicht im Hauptraum bist, geh ich davon aus, dass du entweder kurz vorm Sterben oder am pennen bist – und egal, was davon der Fall ist, ich werd dich persönlich davon abhalten.“ Simon schüttelte kurz amüsiert den Kopf, bevor er sich daran machte, sich etwas frisch zu machen.

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