Geschlechtsangleichung: „Hilfe, das bin ich nicht“

Abgesehen von der reinen Betrachtung eines Umstandes, kann ich mir durchaus vorstellen zur Diskussion zu stellen, worüber Medien berichten "sollten". Also schon eine Wertung vornehmen. Und ob es in diesem Fall sinnvoll ist, eine Geschichte über Joachim zu bringen.

Klar kann man darüber diskutieren. Aber als Begründung warum es nicht sinnvoll sein könnte stellst du zunächst mal in den Raum dass der Bericht der politischen Gegenseite nutzen könnte. Damit erfüllst du paradoxerweise genau das was die "Lügenpresse" Wutbürger den Medien ständig vorwerfen. Der Mob schreit: "Die Medien berichten nicht über das was ihnen nicht passt" und du reagierst mit "Ne, aber sollten sie!"

Wenn einer von Millionen ein Problem mit [x] hat, sollte ich dann über dieses Individuum berichten? Ist das sinnvoll?

Und wo ziehst du diese Grenze? Die Zahl der Menschen die sich als transsexuell definieren ist auch extrem gering, sollen wir über die nun garnicht berichten? Oder sollen wir nur "positiv" darüber berichten? Das sind zwei unterschiedliche Argumentationsstränge.

Es wird über einen Menschen berichtet. Und schon hast Du den Eindruck, dass das ein Problem ist. Es gibt auch Menschen, die sterben durch Verkehrsunfälle. Sind Autos deshalb "ein Problem"?

Ich hab nie gesagt dass Transsexualität oder Geschlechtsumwandlungen ein Problem sind, wie du mit deinem Autovergleich implizierst. Ich habe gesagt dass Geschlechtsumwandlungen bei Menschen die offenbar garnicht transsexuell sind ein Problem sind. Ob und wie häufig das nun geschieht ist da ja erstmal zweitrangig.

Womit beschäftigen wir uns hier? Und warum? Wie bedeutend ist dieses "Problem" eigentlich? Und warum möchtest Du Dich genau damit beschäftigen? Aufmerksamkeit ist endlich. Tausende von Transmenschen werden tagtäglich öffentlich aufgrund von transphobie angefeindet. Ein Mensch bereut eine OP. Wer verdient hier Aufmerksamkeit? Die tausenden von Transmenschen, oder die eine vergurkte OP?

Wieso verdienen denn nicht beide Aufmerksamkeit? Es gibt auch extrem wenige Immigranten in Deutschland die durch Ausländerhasser ermordet werden, aber deutlich mehr Deutsche die durch Immigranten ermordet werden.

Deiner Logik zufolge sollten wir über die erste Gruppe garnicht berichten, sondern nur über die letztere. Was macht das denn für einen Sinn?

Allerdings stelle ich mir bei solchen Dingen, die sehr, sehr stark mit Vorurteilen und sogar Hass verbunden sind, immer die Frage, was öffentliche Aufmerksamkeit bewirkt. Schadet sie ggf. mehr, als sie nützt? Wie viele Leute werden den Artikel lesen und hinterher glauben, dass das Problem ist, dass Transmenschen alle verwirrt sind?

Und genau das ist schlicht und einfach Zensur. Klar, keine staatliche, die forderst du auch nicht, aber es ist in jedem Fall Selbstzensur. Du sagst nichts anderes als: "Dieser Artikel entspricht zwar der Wahrheit, aber ich möchte nicht dass meine politischen Gegner davon erfahren, da sie diese Wahrheit gegen mich verwenden könnten."

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