Eine Erinnerung aus meiner Jugend, ein Apell für Aufmerksamkeit.

Schön dass du es überstanden hast und noch hier bist <3

Fing bei mir alles schon ziemlich früh an:

In der dritten Klasse begann es schon damit, dass ich immer Einsen mitbringen musste, weil es sonst wieder „besondere Erziehungsmethoden“ gab. Deshalb lernte ich den ganzen Tag nur, statt mich mit anderen zu treffen und zu spielen.
Ich redete grundsätzlich nicht viel und war eher der stille Typ. Und wie Kinder nun mal sind picken sie sich die Person raus, die sich nicht großartig wehrt oder Freunde hat. Hat wahrscheinlich auch eine große Rolle gespielt, dass ich der einzige in der Klasse war, der anders aussah. Na ja. Wurde nach Schulschluss immer von einem Typen abgefangen in den Schwitzkasten genommen, der mich auf seinem Nachhauseweg mitschleifte. Wenn ich mich gewehrt habe, gab es nur ein Knie in den Magen oder Schläge gegen den Kopf.

Es wird bestimmt irgendwann besser hab ich mir eingeredet.

Realschule. Eine Zeit lang hatte ich meine Ruhe, wenigstens wenn ich in der Schule war. Aber schon bald begann die ganze Scheiße wieder. Tritte, Schläge und Beleidigungen.
Wieso schlage ich nicht einfach zurück… Vielleicht will ich Menschen nicht wehtun körperlich oder verbal… Es ist einfach nicht richtig, man sollte anderen keine Schmerzen zufügen.
Hab nur noch geweint, sobald ich zu Hause war. Hab mir eingeredet, dass vielleicht ich das Problem bin. Bin ich einfach zu sensibel? Ist es meine Hautfarbe? Oder haben gewisse Menschen einfach Pech gehabt? Der Gedanke, dass ich einfach wertlos bin und das alles irgendwie schon verdient hätte keimt in mir auf. Ich konnte mich nicht mehr im Spiegel ansehen. Irgendwie war mir alles nur noch egal. Meine Gefühlswelt bestand nur aus Hass und Wut.

Dann mit 14 steige ich auf das Dach unseres Wohngebäudes. Ich denke nicht nach und springe einfach. Krankenhaus. 2 gebrochene Rippen und eine Gehirnerschütterung. Meine Eltern kommen und umarmen mich. Ich bin angeekelt. Zu Hause sprechen sie dann nicht mehr mit mir keine Beleidigungen keine Gewalt mehr.

Bin zwar froh darüber, aber die Minderwertigkeitskomplexe bleiben, sowie der Hass auf alles an mir und der Wunsch keine Aufmerksamkeit auf mich ziehen zu wollen. Ich gehe davon aus das Grundsätzlich alle Menschen mir, was Schlechtes wollen. (Was schwachsinnig ist aber es ist irgendwie ein fundamentaler Teil meines Charakters geworden – Misstrauen.) Ich habe einige wenige Freunde und tue mich schwer neue Leute kennenzulernen. Bin dann immer sehr wortkarg.

Mittlerweile bin ich 25 und ziehe mich wie eine Schildkröte in meinen Panzer zurück, wenn es um das Thema Kindheit oder andere unangenehme Dinge geht, über die ich nicht sprechen will. Irgendwie traurig, dass ich emotional immer noch so sehr hadere und meine Entwicklung stagniere nur, weil ich nicht darüber sprechen will.

Ist es besser geworden? Vielleicht… Ich weiß es nicht. Bewerte es jeden Tag neu.

Manchmal wenn ich in der Bahn sitze und wieder Jugendlich zu mir blicken und mich auslachen oder Dinge wie: „Der stinkt bestimmt nach Curry“ sagen keimt der ganze Hass in mir wieder auf.

Aber auf der anderen Seite gibt es dann doch die ein oder andere Person die sich neben einen setzt mit Interesse und Freude und ein Gespräch anfängt und plötzlich merkt man dann doch wie ein warmes Gefühl sich in der Brust breitmacht, das schon lange Vergessen zu sein schien.

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