Jetzt mal umgedreht, wo gibt es Arbeiterüberschuss?

Das wiederum stimmt so im Allgemeinen nicht und dort wo es stimmt hat es weniger mit der Arbeit an sich und mehr mit den Firmen die in dem Bereich suchen zu tun. Ich bin sehr interessiert in alle diese Bereiche und pflege auch das ein oder andere Embedded, C++, Systems Hobbyprojekt. Aber die Branche in der ich meine Praktika gemacht habe und in der auch mein Studienschwerpunkt liegt, das ist die Finanzbranche. Wenn ich in dem Umfeld also deutsche Fintechs, Banken, Versicherungen mit Entscheidern rede, dann ist das Interesse an Soft-IT-Themen(Visualisierung, SQL, Pandas, Python, Frontend) groß, sobald ich aber Systementwicklung in C++ anschneide blicke ich je nachdem in ratlose oder mitleidige Gesichter, dicht gefolgt von: "Wir verlassen uns auf Murex.". Murex in Paris macht spannende Sachen, dafür musst du aber flüssig Französisch können genau wie für alle anderen großen Investmentbanken in Paris. Dumm wenn du in der Schule nur Latein gelernt hast. Du wirst als Absolvent auch keine US-Firma finden, die dir ein H1B-Visum sponsert. Aber in Deutschland gibt es ja die Deutsche Bank, die momentan in Berlin für genau die Bereiche rekrutiert. Nur ist die halt *die* deutsche Bank. Das ist kein Markt. Die haben keine Schwierigkeiten diese Stellen mit erfahrenen Bewerbern zu besetzen.

Was sind das aber für Unternehmen bei denen auf allen Leveln Embedded, C++, HPC, Security, Systems Mangelware sind? Naja die deutschen Firmen, die so verzweifelt sind, dass sie Junior C++ Stellen ausschreiben, die gibt es und das sind mittelständische Industrieunternehmen im bayrischen Wald, der Eiffel, Schwäbische Alb etc. . Und jetzt ist halt die Frage: Ist es mir das wert? Nicht wirklich. Die "spannende technische Aufgabe" darf kein Selbstzweck sein. Sowas kann sich schnell als Bumerang erweisen. Überforderung ist natürlich eine Möglichkeit vorallem wenn viel inginieurwissenschaftliches oder elektrotechnisches Spezialwissen gefordert ist. Aber vorallem ist "Hobby zum Beruf" auch so eine spezielle Geschichte. Wenn ich irgendwas in meiner Freizeit bastle habe ich völlige Gestaltungsfreiheit, im professionellen Setting dagegen minimale und als Einsteiger garkeine. In der Soft-IT bin ich total agnostisch bei irgendwelchen ideologischen Streitfragen: React vs Angular, R vs Python, aber ich bin auch tolerant gegenüber bekloppten Corporate-Prozessen: "Die Hildegard steht kurz vor der Rente und überträgt alle unsere Excel-Tabellen manuell in die SQL-Datenbank". Würde mir das genauso leicht fallen, bei Technologien, die mich privat interessieren? Das sind Risiken, die es grundsätzlich wert sind sie einzugehen, aber nicht in einem konservativen Familienunternehmen mit Altersdurchschnitt über 40 und schon garnicht wenn du dafür auf der grünen Wiese festsitzt, wo du keine Alternative hast und auch keinen Ausgleich schaffen kannst. Da ist das Gesamt-Paket Soft-IT für mich persönlich attraktiver.

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